Hörstein: Argumente zum Erhalt der historischen Scheune in der Edelmannstraße
Von alten Hörsteinern wurde ich darauf angesprochen, dass auf dem Dach dieser Scheune Dachziegel der ehemaligen Hörsteiner Zehntscheune wieder verwendet worden sein sollen, die 1517 erbaut und im Jahr 1954 im Zuge der Vergrößerung der Kirche abgerissenen wurde.
Das Anwesen Edelmannstraße 8 ist das Rückgebäude des Hauses Edelmannstraße 10, die sich beide einen gemeinsamen Hof und auch die besagte Scheune teilen. Das Grundstück ist schmal und lang und erstreckt sich bis zur Ringmauer.
Für die Bedeutung des Hauses spricht die Tatsache, dass das Anwesen explizit im Buch „Fachwerk vor 1600 in Franken- Eine Bestandsaufnahme“ von Prof. Dr. Konrad Bedal, dem ehemaligen Leiter des Fränkischen Freilichtmuseums Bad Windsheim, erwähnt wird. Prof. Bedal schätzt das Baujahr auf die Zeit vor 1550. ( siehe unten).

Quelle Bedal, Konrad: Fachwerk vor 1600 in Franken
In diesem Garten an der Ringmauer wurde zudem vor einigen Jahren eine Tafel von Magister Paul Eyles seines Zeichens Landbereiter im Freigericht (1596-1614) und Gerichtsschreiber bei den Freigerichter Hexenprozessen (1601-1605) entdeckt. Daher wird vermutet, dass es sich hier um das ehemalige Wohnhaus von Eyles handelt.
Als Vorstandsmitglied des Heimat- und Geschichtsvereins Alzenau e.V. bin ich natürlich immer an solchen historischen Begebenheiten interessiert. Da ich aber nicht über die notwendige Fachkenntnis verfüge, habe ich einen Fachmann aus unserem Verein, nämlich Herrn Volker Glusa aus Albstadt, Zimmerermeister, Architekt und Experte für historische Baustoffe hinzugezogen.
Inzwischen habe ich mit ihm und den Bewohnern des Anwesens, Herrn und Frau Schramm, eine Begehung der Scheune unternommen. Vorsichtig konnten über eine Leiter auch einzelne Dachziegel entnommen werden. Dabei wurde folgendes festgestellt:
Tatsächlich liegen an verschieden Teilen des Scheunendaches noch Dachziegel aus dem 16. Jahrhundert.
Es handelt sich dabei um Bieberschwanzziegel mit Rundschnitt und einer Länge von ca. 40 cm und einer Breite von 17 cm. Diese sind typisch für das 16. Jahrhundert. Generell gilt die Faustregel „Je größer und länger ein Bieberschwanz ist, umso älter ist er.“ Auf dem anhängenden Foto finden sich mehrere Dachziegel der Scheune nebeneinander. Der erste und dritte Dachziegel von links gehört zu den o.g. ältesten aus dem 16. Jahrhundert.
Schnellbeurteilung der Schäden der Scheune: 3 der 4 Binder des liegenden Stuhls der Scheune sind noch in Ordnung. Der westliche Scheunenteil (Bewohner Bilz) ist noch vollkommen in Ordnung. Schäden liegen nur im östlichen Teil der Scheune (Bewohner Schramm) vor. Dort muss die abgebrochene bzw. abgefallenen Mittelpfette wieder geschient werden. 2 abgerutschte Sparren im Fußpunkt mit der Folge, dass das Rähm nach außen gebogen ist. 1 gebrochener Sparren ist wieder zu schrauben. Die Dachlast ist behutsam abzunehmen und neu mit den vorhandenen Ziegeln einzudecken.
Ziel: Reine Sicherungsarbeiten, aber keine Änderung des statischen Gefüges. Nur Instandhaltung.
Kostenschätzung: 1 Woche Arbeit für 2 Personen. Hinzu kommen Kosten für ein Gerüst.
Besonderheit: Als Querbalken (sog. „Katzenläufer“), der alle Scheunenteile durchzieht, wurde ein Rähmbalken aus dem Vorgängerbau des 15./16. Jahrhunderts mit Verplattungen verwendet. Da er u.a. zwei runde Löcher aufweist, wird vermutet, dass er durch Flößung angeliefert wurde. Dieser Balken sollte unbedingt gesichert werden.
Offenbar handelt es sich um eine Scheune aus der Zeit vor dem 30jährigen Krieg, die im Umkreis von Alzenau ansonsten nicht mehr vorhanden sind. Hörstein ist als einziger Ort im Umkreis, baulich relativ unversehrt aus dem 30 jährigen Krieg hervorgegangen, vermutlich stehen in der Hörsteiner Edelmannstraße die letzten 3 Scheunen des ehemaligen Scheunenkranzes des Dorfes.
Last but not least: Die derzeitigen Bewohner (Ehepaar Schramm) sind sehr interessiert am Weiterbestehen und weiterer Nutzung der Scheune.
Unter Abwägung all dieser Argumente, möchte ich Euch bitten, die Entscheidung für einen Abriss dieser historischen Scheune noch einmal zu revidieren oder zumindest so lange noch hinaus zu schieben, bis ich weitere Einzelheiten mit dem Amt für Denkmalschutz abgeklärt habe.
Viele Grüße
Jeanette Kaltenhauser
Stadträtin
Vorstandsteam
Heimat- und Geschichtsverein Alzenau e.V.
Alte Hohle 8
63755 Alzenau-Hörstein
mobil 0171 – 50 53 50 4
Fax 06023 – 970694